Der nächste große Schritt ist getan. Seit dieser Woche leben die ersten zwei Kinder und drei Pflegemütter offiziell im Children’s Village. Wir heißen sie von ganzem Herzen Willkommen und hoffen, dass sie sich wohlfühlen werden. In der nächsten Woche kommen drei weitere Kinder hinzu und bis Ende des Jahres hoffen wir, die Kinderzahl auf zwölf und die Anzahl der Pflegemütter auf vier zu erhöhen.
In den vergangene Wochen haben wir deshalb noch härter als sonst an dem Ziel „Einzug Anfang September“ gearbeitet und sind nun doppelt froh, dass wir es so weit geschafft haben. Das wäre alles nicht möglich gewesen ohne die konstante Unterstützung von euch und Ihnen.
Wir haben gestrichen, geputzt, Lebensmittel gekauft, Betten zusammengebaut und mit Moskitonetzen versehen, Starterpakete aus Bettdecken, Kopfkissen, Hygieneartikeln und Kleidung für die Kinder und Mütter zusammengestellt, das Gelände in Form gebracht (Gebüsch zurück geschnitten, aufgeräumt), einen Marathon auf dem Central Market (angeblich dem größten Markt in Westafrika) und einen weiteren Langstreckenlauf durch die Innenstadt Kumasis zurück gelegt auf der Suche nach den Dingen auf der nicht enden wollenden Einkaufsliste.
Und dann, in all dem Wirbel war er plötzlich da, der Tag an dem die ersten zwei Kinder und die erste Pflegemutter gemeinsam mit mir in das Children’s Village eingezogen sind. Zwei weitere Mütter folgten wenige Tage später. An einen Ort, wo es noch keinen Strom und fließend Wassergibt, aber dafür bequeme Betten, viel Platz, Ruhe und Schutz für die Kinder. Es war aufregend und ist es noch immer. Mit jedem weiteren Tag fällt alles weiter an seinen Platz, es entwickeln sich Routinen, der Essensplan für den ersten Monat ist geschrieben, die Kinder beschäftigen sich wunderbar mit den angeschafften Fahrrädern und Fußbällen, spielen mit Hund, Katze und Esel und finden alles noch ganz aufregend.
Jeder Morgen beginnt gegen 5:30 Uhr mit dem Fegen der Häuser und des nahen Außengeländes, dann begibt sich die Pflegemutter, in deren Verantwortung die Verpflegung liegt, in die Küche und bereitet das Frühstück vor. Je nach Wochentag gibt es Tom Brown (ein Getreidebrei aus Nüssen u.a. Zutaten), Maisbrei, Weizenbrei (ähnelt Frischkornbrei), Milchreis, Haferbrei oder Brot und Omelette mit Kakao oder Tee. Den Speiseplan stellen wir gemeinsam zusammen. Jeden Montag wird unsere Köchin zum Markt in Aputogya (dem nächst größeren Ort) fahren und die nötigen Zutaten einkaufen.
Am Abend des Einkaufmarathons hieß es für mich: packen. Alles notwendige für ein Leben im Children’s Village…das ist gar nicht so einfach. Aber da ich meine Wohnung in Kumasi behalte und voraussichtlich alle zwei Wochen in der Stadt sein werde, können fehlende Dinge leicht später nachgeholt werden. So finden mein Gepäck mit dem Einkauf sowie der ersten Pflegemutter und zwei Kindern sowie mir am frühen Dienstagabend den Weg ins Village. Schnell werden dieHäuser bezogen, die Solarlampen verteilt und sich eingerichtet.
Nun liegt schon bald die erste Woche Village-Life hinter mir. Kein Strom, kein fließend Wasser…und dennoch lässt es sich gut im Village leben. Wir sind eine gute Gemeinschaft, entwickeln unsere Routinen und tasten uns langsam an das Dorfleben an. Mein Glück: die Pflegemütter sind Dorferfahren und geben mir eine helfende Hand, wenn ich fragend dastehe und nicht weiter weiß.
Für die LoszuGhana Association steht außerdem ein zweites Projekt in den Startlöchern: die Old Adwampong Community School. Damit nicht nur die Kinder aus dem Children’s Village sondern auch die Kinder aus dem nahegelegenen Dorf Zugang zur Elementarbildung in nächster Nähe haben, hat die LoszuGhana Association die verwaiste Vor- und Grundschule in Old Adwampong wiederbelebt. Ab Montag, dem 5. September 2013 werden ca. 25 Kinder von 1,5 bis 7 Jahren in drei Klassenräumen unterrichtet bzw. betreut. Nach Abschluss der ersten Grundschulklasse werden die Kinder die Grundschule im nächsten Dorf besuchen. Wo zuvor keine Möbel vorhanden waren, stehen nun kindgerechte Tische und Stühle und die Klassenräume sind mit ausreichend Lernmaterial ausgestattet.
Um die Schule am Laufen zu halten, werden alle Dorfbewohner eingebunden. Da die Kinder keine Schulgebühren zahlen müssen, helfen die Eltern einmal in der Woche, das Unkraut zu entfernen. Außerdem steuern sie Zutaten für das Schulmittagessen bei. Die Distriktregierung hat das Schulessenprogramm für den gesamtem Distrikt gestrichen, so dass es nun in den Händen der LoszuGhana Association sowie den Bewohnern von Old Adwampong liegt, für die Kinder der Old Adwampong Community School ein Mittagessen zuzubereiten. Die Eltern der Kinder sind deshalb aufgefordert Zutaten wie z.B. Cocoyamblätter (schmecken wie Spinat), Yam, Cassava oder Kochbananen beizusteuern.
In einem offiziellen Treffen mit dem Stellvertreter des traditionellen Dorfchiefs, den Dorfältesten und den Dorfbewohnern wurde das Eröffnungsdatum verkündet sowie alle Fragen bestmöglich beantwortet. Die Kinder erhielten außerdem eine Art Schnupperunterricht von einer unserer Lehrerinnen. Zwei der Pflegemütter sowie ich werden die Kinder unterrichten. Sobald möglich, sollen weitere Lehrerinnen oder Lehrer folgen und die Klassen vergrößert werden….allerdings nicht auf astronomische 70 Kinder pro Klasse… Meine Grenze für die älteren Kinder liegt bei 25 Kindern pro Klasse.
Während ich das hier schreibe, lasse ich die letzten Tage nochmals Revue passieren und kann sagen: Es ist jeden Tag auf’s Neue herausfordernd, aufregend, herzerwärmend, stressig, lustig, verrückt und garantiert niemals langweilig.
Es grüßt aus Ghana
Lena
P.S.: Fotos folgen in Kürze!