Ghanatime, Bushmeat und Termiten

Halb sieben an einem Samstag morgen. Mein Handy klingelt: „Lena, wo bist du?“ Wieso? Wir haben doch gesagt, Abfahrt ist um 6:45 Uhr… Was ist nur aus der Ghanatime geworden? An diesem Samstag gilt keine Ghanatime, sondern statt dessen die als typisch deutsch geltenden Überpünktlichkeit. Der Grund: Die Küche soll heute, an einem Tag, ihre Decke erhalten. Dafür begleiten uns drei Handwerker. Mit ihnen kaufen wir einen Stapel dickes Sperrholz sowie Leisten, die die Sperrholzplatten verbinden sowie Nägel.

Jagd auf das Bushmeat

Außerdem begleiten uns zwei Bekannte, die sich auch gerne im Projekt engagieren wollen. Helfende Hände sind gerne gesehen. Mit Material und Menschen geht es also wieder auf nach Old Adwampong. Für alle, die nicht der Kunst des Küchendeckeneinziehens mächtig sind, bleibt die Wahl zwischen Machete oder Küche und so werden die Macheten an die Männer verteilt, während die Frauen sich in die provisorische Küche begeben. Für mich ist es das erste Mal seit dem Beginn meines neuen Lebens in Ghana, dass ich in der Küche helfe statt in der Erde zu wühlen, Steine zu tragen oder was auch immer an Aufgaben anfällt. Da ich aber mit der Machete nicht wirklich ein Ass bin, überlasse ich das den Profis. Die Männer ziehen so gleich los und machen  sich daran, einen Teil des Geländes von Unkraut zu befereien, neu aufkeimende aber ungewollte Ölpalmensetzlinge zu entfernen und neu gebaute Termitenhügel platt zu stampfe. Doch bevor das Auto überhaupt zum Stillstand kommt, flitzt vor uns ein so genanntes „Bushmeat“ (eine Art Eichhörnchen) über den Weg. Alle Jungs und Männer springen vom Wagen und jagen ihm hinterher…denn Bushmeat ist gern gegessenes Fleisch hier. Zu Bushmeat zählen auch Grasscutter (eine Art Riesenratte) und alles andere Fleischige, was im so genannten Busch herumwieselt. Nun also bei uns ein Eichhörnchen. Leider waren die Jungs zu langsam oder zum Glück war das Bushmeat zu schnell…

Termiten als fleißige Küchenhelfer

Wenn wir im Projekt arbeiten und länger dort bleiben, wird gekocht. Entweder Reis oder Yam. Da es hier  nur selten schicke Einbauküchen gibt, werden drei Steine zusammengestellt, große Äste zusammengelegt und angezündet und der Topf mit dem Essen auf das offene Feuer gestellt. So wird es übrigens auch in den meisten Familien und in den vielen Chop Bars gemacht (kleineren oder größeren Restaurants, die Fufu, Banku oder Riceball mit verschiedenen Suppen verkaufen). Dort werden dann allerdings riesige Töpfe verwendet und nicht wie im Projekt kleindimensionale. Für unsere Zwecke reichen 5 Kilo Reis in einem Topf, damit alle satt werden. Das Feuerholz verdanken wir der fleißigen Arbeit der Termiten. Eigentlich sind diese Insekten in Holz nicht gern gesehen, aber sie ermöglichen es , dass tote Bäume schneller vertrocknen und wir das Holz so verwenden können. Denn die Termiten saugen das Wasser aus den Ästen, tragen es zu ihren Burgen und bauen diese so weiter. So zumindest erzählte es mir einer der Arbeiter im Projekt, den ich dieses Mal beim Feuerholzsammeln begleite. Blöd nur, wenn die Termiten beißen…

Fischtod mal 60

Ein kurzer Abstecher zu den Fischteichen zeigt, dass wir in den kommenden Tagen ca. 60 Fischbeerdigungen ausrichten müssen. Letztes Wochenende waren die Fischexperten aus Sunyani da, um den Zustand unserer Teiche sowie den Gesundheitszustand der Fische zu inspizieren und die Großen von den Kleinen sowie die Männchen von den Weibchen zu trennen. Einige der Fische, eben so um die 60, haben diese Prozedur leider nicht überlebt. Zum Glück haben wir noch reichlich Fisch in den Teichen, so dass dieser Verlust schnell wieder ausgeglichen sein wird.

Dein Freund und Helfer

Nachdem das Unkraut vor Schreck den Macheten gewichen, das Essen vertilgt, die Küche zur Hälfte mit einer Decke versehen ist und die Fischteiche begutachtet sind, machen wir uns wieder auf den Rückweg. Dieses Mal haben wir Pech: Auf dem Weg zum Projekt und so auch auf dem Rückweg müssen wir einige Polizeisperren passieren. Das Problem ist eigentlich immer, dass wir Menschen auf der Ladefläche sitzen lassen. Nicht so an diesem Tag. Mit der Polizei ist das hier so eine Sache. Es die Aufgabe der Polizisten, die notwendigen Plaketten (TÜV etc.) auf ihre Echtheit und Gültigkeit zu überprüfen, sowie die Fahrer zu überprüfen, ob sie einen Führerschein haben. So auch bei uns. Leider hat unser Fahrer dieses Mal seinen Führerschein unbeabsichtigt daheim vergessen. Leider hatte der uns kontrollierende Polizist keine gute Laune, verlangte den Autoschlüssel und zwang damit unsere Heimfahrt zum Stillstand. Eigentlich geht es nur ums eins: Geld. Um Schwierigkeiten zu vermeiden (egal, ob alle Plaketten und der Führerschein gültig sind oder nicht), zeigen die meisten Fahrer den Polizisten ohne Murren ihren Führerschein. Gut eingepackt in einem extra Heftchen befindet sich dann neben dem Führerschein auch ein kleiner Obolus für die Polizisten in eben diesem Heftchen. Polizisten glücklich, die Fahrt kann weiter gehen. In unserem Fall gestern war es leider nicht so einfach.  Unerlaubterweise hat sich der Polizist den Schlüssel aushändigen lassen. Weil sich unser Fahrer zunächst geweigert hat, den Schlüssel abzugeben (wissend, das der Polizist eigentlich kein Recht hat, den Schlüssel einzuziehen), wollte der Polizist ihm eine Lektion erteilen. Und so mussten wir fast auf Knien um die Rückgabe des Schlüssels betteln. Letztendlich haben wir ca. 5 Euro Obolus bezahlt und alles war gut. That’s Ghana for you!

Grüße aus Ghana

Lena

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